JAHRESPROGRAMM 2008

 

„Muse“ und „weiblicher Beelzebub“ - Caroline Schlegels Rolle in der Jenaer Frühromatik
Ein geselliger Abend vereinte die Rudolstädter Goethefreunde zu ihrer letzten Veranstaltung im alten Jahr, und Geselligkeit – bezogen auf die Salons der Jenaer Frühromatik – war auch das Thema eines interessanten Vortrages der am Jenaer Schiller-Museum tätigen ChristineTheml.

Jena zog gegen Ende des 18. Jahrhunderts viele bedeutende Köpfe an. Goethe war als Minister in herzoglichen Diensten auch für die Universität zuständig, und Schiller fand mit seiner Antrittsvorlesung als Geschichtsprofessor 1789 bei den Studenten eine begeisterte Aufnahme. Ihnen folgten zahlreiche jüngere Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft, darunter die Brüder Schlegel, Clemens Brentano und seine Freundin und spätere Frau Dorothea Veit, Ludwig Tieck und der Philosoph Schelling. Im „Salon“ der Schriftstellerin Caroline Schlegel, die nach einem wechselvollen Leben in zweiter Ehe August Wilhelm Schlegel geheiratet hatte, fanden diese Menschen einen willkommenen Treffpunkt für Gespräche, Lesungen und musikalische Veranstaltungen, kurz: für eine anregende Geselligkeit. Die Gastgeberin begeisterte die Teilnehmer an ihrem Gesprächskreis durch ihre geistige Unabhängigkeit , ihre Offenheit und Liebenswürdigkeit. Sie wurde zu ihrer „Muse“, inspirierte sie in ihren von den Idealen der Französischen Revolution beeinflussten Gedanken, in ihrem Wunsch nach sozialer und politischer Emanzipation wie der Emanzipation der Frau.

Die Ausführungen von Christine Theml vermittelten die Erkenntnis, dass vieles von dem Gedankengut der Jenaer Frühromantiker heute durchaus noch aktuell ist.

Mit Schmunzeln wurde die Kritik einiger Zeitgenossen an Caroline Schlegel und ihrem Freundeskreis vermerkt: Die „Romantiker“ zogen sich mit ihrem Spott über das Schillersche Pathos den Zorn der „Klassiker“ zu, die Caroline Schlegel ihrerseits als „Madame Beelzebub“ beschimpften. Übrigens hat Goethe dieser ungewöhnlichen Frau stets Respekt gezollt.

Wolfgang Werner


Mittwoch, 16.Januar 2008, 19.00 Uhr, Stadtbibliothek
Jahresversammlung der Goethe-Gesellschaft Rudolstadt
mit Jahresrückblick und Veranstaltungsplan 2008,
Video der Exkursion nach Paris (Dr. Christoph Michels)

Ende Januar, Thüringer Landestheater Rudolstadt
Proben- und Inszenierungsgespräch zu Friedrich Schillers
„Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ mit
Chefdramaturg Christian Marten-Molnár

Mittwoch, 27. Februar 2008, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek
„Geh` aus, mein Herz, und suche Freud...“
- ein Vortragsabend der Goethe-Gesellschaft zu Paul Gerhardt

„Was ist mein ganzes Wesen / von meiner Jugend an / als Müh und Not gewesen ? /

Solang ich denken kann, / hab ich so manchen Morgen, / so manche liebe Nacht./

mit Kummer und mit Sorgen / des Herzens zugebracht...“ - diese Verse beschreiben das Schicksal eines Mannes, der als der bedeutendste Liederdichter der evangelischen Christen nach Martin Luther gilt: Paul Gerhardt, geboren 1607 in Gräfenhainichen / Sachsen und gestorben 1676 in Lübbenau / Spreewald. Sein Leben war zu einem großen Teil beeinflusst durch die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges und die Auseinandersetzungen innerhalb der evangelischen Kirche zwischen Lutheranern und Calvinisten. Als bekennender Anhänger Luthers stand er zu seinen Überzeugungen und nahm dafür in Kauf, sein Amt als Pfarrer an der Nikolai-Kirche in Berlin zu verlieren.

Obwohl seine Lieder – insgesamt etwa 130, davon 26 Texte im Evangelischen Gesangbuch, - aus der Erfahrung persönlichen Leidens entstanden, sind sie von Gottvertrauen und Heilserleben bestimmt. Mit ihrer sinnlich-anschaulichen und gefühlvollen Sprache bewegen sie bis heute die gläubigen Christen. Manche Dichtungen, wie „Nun ruhen alle Wälder“ und „Geh` aus, mein Herz, und suche Freud“, sind im besten Sinne des Wortes Volkslieder geworden. Der Vortragsabend der Goethe-Gesellschaft am Mittwoch, dem 27. Februar, 19.30 Uhr in der Stadtbibliothek bietet Gelegenheit, mehr über das Leben und Schaffen dieses aufrechten Theologen zu erfahren. Als Referent konnte der Vorsitzende der Ortsvereinigung Kronach, Hans-Jürgen Schmitt M.A., gewonnen werden, der den Rudolstädtern durch seine von Sachkenntnis und rhetorischer Qualität gekennzeichneten Vorträge in guter Erinnerung ist.

Alle Interessierten sind zu dieser Veranstaltung herzlich eingeladen.

Wolfgang Werner


Mittwoch, 12. März 2008, 17.00 Uhr, Restaurant „Rhodos“
Lesung mit Gabriele Pfeifer:
Ricarda Huch (1864-1947). Historikerin, Schriftstellerin, Humanistin


Mittwoch, 19. März 2008, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek
Dr. Helmut-Eberhard Paulus, Rudolstadt
Thüringens Krone der Residenzen
Der Auftrag der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

Der Vortrag führt durch die thüringische Residenzenlandschaft, ausgehend von den großen mittelalterlichen Residenzen der thüringischen Landgrafen, der Wartburg und der Burg Weißensee. Als weiteres mittelalterliches Zentrum wird auf die bischöfliche Stadt Erfurt eingegangen, einerseits mit dem geistlichen Zentrum des Petersberges, andererseits mit der Wasserburg Kapellendorf, die der Stadt einst Münzrecht sowie Sitz und Stimme in der Reichsversammlung verschaffte.

Ein weiteres Kapitel widmet sich der Zeit der frühen Residenzbildung am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Die Henneberger sind hierfür ein gutes Beispiel. Als Residenz der frühen Neuzeit wird die einstige kurfürstliche Residenz in Weimar vorgestellt und auf das Renaissanceschloss Wilhelmsburg in Schmalkalden eingegangen.

Den größten Abschnitt des Vortrags bilden die barocken Residenzen in Thüringen, die noch heute als eine Krone der Residenzen das Land in der Gesamtheit repräsentieren. Musterbeispiel einer neuen barocken Residenz ist Schloss Friedenstein in Gotha. Ebenso bedeutend ist das erst um 1800 nach einem Brand wieder aufgebaute Residenzschloss in Weimar, dazu gehört die Sommerresidenz in Dornburg auf dem sogenannten Balkon Thüringens. Die verhältnismäßig junge Residenz Meiningen ist durch Schloss Elisabethenburg und den romantischen Landschaftspark Altenstein vertreten. Schließlich bildet die Residenz Altenburg den Abschluss des wettinisch-ernestischen Reigens.

Neben den Wettinern spielen in Thüringen die Schwarzburger und die Reußen eine herausragende Rolle. So werden die Stammburg Schwarzburg und die Residenzen in Rudolstadt und in Sondershausen gewürdigt. Für die weit verzweigte Linie des Hauses Reuß steht stellvertretend Greiz als Residenz der Älteren Linie.

Den Ausklang des Vortrags bildet ein kurzer Blick auf Burg Ranis und Schloss Molsdorf, zwei kleine Adelsresidenzen. Den Abschluss bildet ein Blick auf die Veste Heldburg, das private Bergschloss des Meininger Theaterherzogs Georgs II., das gerne als das thüringische Neuschwanstein bezeichnet wird.

Der Vortrag wird mit einer Power-point-Präsentation untersetzt.


Mittwoch, 2. April 2008, 17.00 Uhr, Restaurant „Rhodos“
Lesung mit Klaus Steinhaußen
… aus seinem neuen Prosawerk „Lehrjahre“


Montag, 7. April – Sonntag, 13. April 2008
Auf den Spuren Schillers und Goethes in Flandern

Dieses Motto der Exkursion Rudolstädter und Saalfelder Goethefreunde vom 7. bis 14. April nach Flandern könnte Verwunderung auslösen, haben doch weder Schiller noch Goethe jemals ihren Fuß auf den Boden des Landes gesetzt, das heute den flämischsprachigen nördlichen Teil des Königreichs Belgien ausmacht. Beide haben es jedoch zum Schauplatz bedeutender Werke gewählt

Den jungen Schiller fesselt die Rebellion der niederländischen Bürger gegen das spanische Joch im 16. Jahrhundert. Mit seiner „Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande...“, deren ersten – und einzigen - Band er im Sommer 1788 in Volkstedt (!) abschloss, schuf er die Voraussetzung für die bald darauf erfolgende Berufung als Professor für Geschichte an die Universität Jena. Goethe wiederum stellt in seinem Drama „Egmont“ - mit der historischen Figur frei umgehend – den populären Freiheitshelden in den Mittelpunkt, eingebunden in die Auseinandersetzung zwischen der spanischen Krone mit ihrem brutalen Abgesandten, dem Herzog Alba, und den Niederländern. In dem Aufsatz „Über Egmont, Trauerspiel von Goethe“, übrigens seiner ersten öffentlichen Äußerung über Goethe, hat er eine zugleich kritische wie einfühlsame Analyse des Werkes vorgelegt. Besonders bewundert er die facettenreiche Darstellung des Volkes: „...nichts ist vergessen, nichts ohne die höchste Natur und Wahrheit herbeigeführt...Das kann nur ein Dichter, der von seinem Gegenstand ganz durchdrungen ist“.

Natürlich führte die Exkursion zu den Stätten, die an diese Vorgänge erinnern, voran das Doppelstandbild der Grafen Egmont und von Hoorne gegenüber dem Palais d` Egmont in Brüssel sowie der Große Platz der Stadt, Ort von Egmonts Hinrichtung.

Die Fahrt durch Flandern vermittelte überwältigende Eindrücke einer reichen Kulturlandschaft. Dazu zählen vor allem die „Belfriede“ oder „Belforts“, mächtige Stadttürme, die vom Selbstbewußtsein und der Macht der Patrizier und Gilden im Mittelalter zeugen, und die großen Plätze, „Grote Markt“ oder – wie in Brüssel – „Grande Place“ genannt , die von guterhaltenen bzw. restaurierten Häusern der Gotik und Renaissance umgeben sind. Prächtige Rathäuser beherrschen das Bild. Immer wieder bewunderten wir die imposanten Kirchen mit ihren wuchtigen oder auch filigran wirkenden Türmen, wie die Liebfrauenkathedralen in Antwerpen und Brügge oder die Cathedrale Saint Michel in Brüssel. Einige bergen Kunstwerke von herausragender Bedeutung, etwa die Sint-Baafskathedral in Gent den berühmten Altar von Jan und Hubert van Eyck oder die Liebfrauenkirche in Brügge eine „Madonna mit Kind“ von Michelangelo. Nur eine kleine Auswahl der reichhaltigen flämischen Malerei konnten wir sehen, z.B im Königlichen Museum der schönen Künste in Brüssel und im Gruuthuse- und dem Groeningemuseum in Brügge. Besonders eindrucksvoll war ein Besuch im Rubenshaus von Antwerpen, einem prachtvollen Renaissancepalais, das vom hohen gesellschaftlichen Stellenwert der Malerei in jener Zeit kündet. Natürlich durften auch Bootsfahrten auf den Kanälen in Gent und Brügge nicht fehlen, so wenig wie ein Bummel durch die Einkaufsstraßen mit ihren Mode- und Schmuckläden sowie den berühmten Patisserien. Kostproben der belgischen Küche und der unüberschaubaren Vielfalt der belgischen Biersorten wurden gerne in den stimmungsvollen Gaststätten genommen. Ein Ausflug an die Küste und ins Binnenland ergänzte das Exkursionsprogramm. Oostende, einst mondäner Badeort,im II. Weltkrieg durch V 1- und V 2- Raketen verwüstet, ist wieder zu einer Touristenattraktion geworden. Die Fahrt nach den kleinen“Provinzstädten“ Damme und Veurne durch die weite, von Kanälen durchzogene Landschaft bereicherte die Sicht auf die große Vergangenheit des Landes und seine heutige Bedeutung. Diese Seite erschloss sich natürlich vor allem beim Besuch Brüssels, der Hauptstadt des vom Sprachenstreit gebeutelten Königreichs und zugleich dem Zentrum der Europäischen Gemeinschaft. Hier erinnert auch das im Sonnenlicht glänzende Atomium von den großen Hoffnungen auf den wissenschaftlich-technischen Fortschritt.

Zwei Personen ist für das Gelingen der Reise besonders zu danken: Herrn Widmann aus Tübingen,der bereits zum vierten Mal die Exkursion der Goethe-Gesellschaft mit hohem Engagement und großer Sachkenntnis leitete, und Herrn Besser vom gleichnamigen Rudolstädter Reiseunternehmen, der seinen Bus mit Ruhe und Umsicht auch unter schwierigen Umständen sicher an die Ziele führte. Wolfgang Werner


Mittwoch, 7. Mai 2008, 17.00 Uhr, Filmtheater „Cineplex“
„Die Wahlverwandtschaften“ nach J. W. Goethe,
Kinofilm, DDR, 1974, Regie: Siegfried Kuhn
Darsteller: Beata Tyczkiewicz, Hilmar Thate, Gerry Wolff

Goethes Roman „Die Wahlverwandtschaften“ im Film

Anregung zu diesem Roman bot im Herbst 1807 die Leidenschaft des damals 58jährigen, mit Christiane Vulpius verheirateten Goethe für Minna („Minchen“) Herzlieb, die Pflegetochter des Jenaer Buchdruckers Frommann. Dieses Werk ist jedoch weit mehr als die Geschichte von der galanten Neigung eines älteren, verheirateten Herren zu einem jugendlichen schönen Geschöpf. Sein Verfasser hat später darüber geschrieben: „Niemand verkennt in diesem eine tief leidenschaftliche Wunde, die im Heilen sich zu schließen scheut, ein Herz, das zu genesen fürchtet.“ In den diffizilen Beziehungen zwischen Charlotte, Eduard, Charlottes Nichte Ottilie, und dem Hauptmann, Eduards altem Freund, spiegeln sich die schmerzhaften Erfahrungen wider, die viele Menschen nicht nur in Goethes Zeit machten, wird die Fragwürdigkeit der Ehe unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen, die Suche der Menschen nach Erfüllung ihres Glücksanspruches, zum Thema gemacht. Thomas Mann bezeichnete Goethes Roman als „ein Werk von so zarter und unerbittlicher Kenntnis des Menschenherzens, so ausgeglichen in Güte und Strenge, Klarheit und Geheimnis, Klugheit und Ergriffenheit, Form und Gefühl, daß wir es nur mit Staunen das unsere nennen“.

1947 verfilmte die DEFA dieses Werk. Unter der Regie von Siegfried Kuhn spielten u.a. Beate Tyczkiewicz, Hilmar Tate und Gerry Wolff. Der Einladung zu einer Aufführung im Filmtheater „Cineplex“ folgten am 7. Mai zahlreiche Mitglieder unserer Ortsvereinigung.

W. Werner


Sonnabend, 24. Mai 2008, 17.00 Uhr , Feengrotten Saalfeld
800 Jahre Stadtrecht Saalfeld
Prof. Dr. Friedrich Naumann, Chemnitz
Leben und Wirken des Georgius Agricola
Gemeinschaftsveranstaltung der OV Saalfeld, Pößneck, Rudolstadt


Prof. Dr. Friedrich Naumann,
Chemnitz

Der Geologie und Mineralogie galt zeitlebens -von den Bemühungen um den Ilmenauer Bergbau bis zu den geologischen Studien während der Kuraufenthalte in den böhmischen Bädern – Goethes besonderes Interesse. Das Verständnis für diese Seite im Leben des Schriftstellers und Wissenschaftlers Goethe vertiefte eine gemeinsame Veranstaltung der Ortsvereinigungen Saalfeld, Rudolstadt und Pößneck – gleichzeitig ein Beitrag zum Jubiläum „800 Jahre Stadtrecht Saalfeld“- am 24. Mai in den Feengrotten, einem aufgelassenen Alaunschieferbergwerk. Die Wunderwelt der Grotten mit ihren farbenreichen Gesteinsbildungen, den Stalagtiten und Stalagmiten und Wasserflächen sowie das neu angelegte „Feenweltchen“ boten den idealen Hintergrund zu einem Vortrag von Prof. Dr. Friedrich Naumann, Chemnitz, über „Leben und Wirken des Georgius Agricola“. Der im sächsischen Glauchau geborene Agricola, eigentlich Georg Bauer, lebte von 1494 bis 1555. Als Arzt und besonders als Naturforscher erwarb er sich außerordentliche Verdienste. Er gilt als Begründer der wissenschaftlichen Darstellung der Mineralogie, der Bergbaukunde und der Metallerzeugung. Sein Hauptwerk „De re metallica“ fand als Enzyklopädie des metallurgischen Wissens seiner Zeit früh Verbreitung in vielen Ländern.

W. Werner

Mittwoch, 11. Juni 2008, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek
Prof. Dr. Albrecht Betz, Aachen
Befreiung der Sinne
Über Goethes und Heines erotische Lyrik

Heinrich Heine (1797 – 1856) stand zeitlebens in einer spannungsvollen Beziehung zu Goethe (1749 – 1832). Den Minister im Dienst des Weimarer Erzherzogs Karl August nannte er in jungen Jahren einen Aristokratenknecht, dennoch setzte er sich zeitlebens intensiv mit Goethes Schriften auseinander und suchte seine Anerkennung. So sandte er 1821 dem Dichterfürsten den neu erschienenen Band seiner Gedichte mit den devoten Worten: „Ich küsse die heilige Hand, die mir und dem ganzen deutschen Volke den Weg zum Himmelreich gezeigt hat....“ Ein Besuch bei dem Umworbenen in Weimar auf der Rückreise von seiner Harzwanderung im Oktober 1824 verlief für Heine jedoch enttäuschend, er fühlte sich „nur kalt empfangen“. Offensichtlich trennten die beiden nicht nur der Altersunterschied, sondern auch erhebliche Unterschiede in der Lebenshaltung und der Kunstauffassung.: „ Im Grunde ... sind ich und Goethe zwey Naturen, die sich in ihrer Heterogenität abstossen müssen. Er ist von Haus aus ein leichter Lebensmensch, dem der Lebengenuß das Höchste...Ich hingegen bin von Haus aus ein Schwärmer d.h. bis zur Aufopferung begeistert für die Idee...“

Auf einem literarischen Feld aber fanden die beiden Dichter trotz aller Unterschiede zusammen: der erotischen Lyrik. Goethe und Heine sahen in der religiösen und sozialen Tabuisierung von Sexualität ein großes Hindernis für die freie Entfaltung des Menschen und traten gerade auch mit ihren wunderbaren erotischen Dichtungen für seine Befreiung und Selbstverwirklichung ein.

Prof. Dr. Albrecht Betz, seit seinem Buch „Ästhetik und Politik“ als profunder Heine-Fachmann bekannt, hielt den Vortrag am 11. Juni.
Wolfgang Werner

Informationen des Autors zu seinem Vortrag

In Ecce homo schreibt Nietzsche über Heine: „Er besaß jene göttliche Bosheit, ohne die ich mir das Vollkommene nicht zu denken vermag – ich schätze den Wert von Menschen... danach ab, wie notwendig sie den Gott nicht abgetrennt vom Satyr zu verstehen wissen. Und wie er das Deutsche handhabt! Man wird einmal sagen, dass Heine und ich bei weitem die ersten Artisten der deutschen Sprache gewesen sind...“

Als „kapitales Faktum in der Geschichte des europäischen Geistes und der ‚modernen Seele'“ gilt ihm Heine nicht nur wegen der „süßen und leidenschaftlichen Musik (seiner) Lyrik“; ihn fasziniert die intellektuelle Attitüde, mit der er sympathisiert: die Feier der Sinnlichkeit als Spott auf die Religion; das ironische Unterlaufen von Vorurteilen, etwa chauvinistischen – dem, was Nietzsche „Hornvieh-Nationalismus“ nennt; der Mut beim Entlarven der heiligsten Dinge, der kein Risiko scheut. Kurz: die Befreiung von trügerischen Werten.

Heine - der sich mit Bezug auf Goethe den „großen Heiden Numero zwei“ nannte - sah sich wie dieser einem scheltenden Chor von Gegnern ihrer angeblichen „Frivolität“ gegenüber. Im

prüden 19. Jahrhundert bedurfte es großen dichterischen Muts, um gegen die Leibfeindlichkeit selbsternannter Sittenwächter anzuschreiben. Dem geläufigen Klischee zufolge galt Frivolität als Laster der Franzosen, was hieß: des Erbfeindes; der Vorwurf der Vaterlandslosigkeit lag da nicht fern und an Versuchen der Ausgrenzung hat es nicht gefehlt.

Umgekehrt empfanden Goethe wie Heine die Befreiung von moralischer Bevormundung durch Kirche und Konvention als wichtige Voraussetzung eines emanzipierten Daseins.

Die Wiederentdeckung von antiker und orientalischer Sinnlichkeit ist Bestandteil ihrer großen dichterischen Zyklen: von den Römischen Elegien bis zum West-östlichen Divan und von den Neuen Gedichten bis zum Romanzero .

„Oftmals hab ich auch schon in ihren Armen gedichtet/ und des Hexameters Maß leise mit fingernder Hand/ ihr auf den Rücken gezählt...“ heißt es in der Fünften Römischen Elegie; in den Venezianischen Epigrammen gibt Goethe seiner Geliebten den Rat: „Kehre nicht, liebliches Kind, die Beinchen hinauf zu dem Himmel;/ Jupiter sieht dich, der Schalk, und Ganymed ist besorgt“.

Heine, Ironiker und Rheinländer, konnte gelegentlich sogar karnevaleske Töne anschlagen: „Himmlisch wars, wenn ich bezwang/ meine sündige Begier./ Wenns mir aber nicht gelang/ hatt' ich doch ein groß Pläsier.“

gez. Prof. Albrecht


Sonnabend, 30. August 2008,
Zum 259. Geburtstag von Johann Wolfgang Goethe:
Besuch einer Aufführung im Ekhof-Theater
Gotha

Eine Veranstaltung zu Goethes Geburtstag – 2008 ist es der 259. - gehört traditionsgemäß zum Leben der Goethe-Gesellschaft. In diesem Jahr führte sie die Rudolstädter Goethefreunde am Sonntag, dem 24. August, nach Gotha, einst Residenz der Herzöge von Sachsen-Gotha-Altenburg. Goethe hat diese Stadt, die ein wenig im Schatten des Weimarer „Musenhofes“ unter Carl August und der Universitätsstadt Jena lag, mehrfach besucht. Hier fiel ihm auch eine Marmorbüste des Weimarer Bildhauers Weisser auf. Sie zeigte Wilhelmine Cronrath, die anmutige Tochter eines Hoftischlermeisters in Weimar, die 1808 den Herzoglich Sächsischen Finanzrat Ernst Wilhelm Arnoldi, den Gründer der Gothaer Versicherung, heiratete. Goethe erbat sich von dieser Büste einen Abguss, der lange im Blauen Zimmer des Goethehauses stand.

Der Gothaer Herzog Ernst II.(1745 - 1804) erwarb sich Verdienste um die Förderung von Wissenschaft und Kunst und die Entwicklung der Residenz zu einem „aufgeklärten“ Zentrum. Er förderte das Gedeihen einer liberalen Publizistik mit der Ansiedlung von Verlagen, unter ihm erfolgte die Gründung der Erziehungsanstalt Schnepfenthal mit einem reformerischen Konzept und die Schaffung des ersten deutschen Hoftheaters mit festem Ensemble, des berühmten Ekhof-Theaters auf Schloß Friedenstein. Dieses war Ziel des Geburtstagsausfluges. Nach einer kurzen Führung durch das Schloß mit vielen weitgehend historisch erhaltenen Räumen und reichhaltigen Sammlungen, die vor allem Anregungen für eigene intensivere Erkundungen gab, erfolgte der Besuch eines Konzerts im Ekhof-Theater. Der Bariton Holger Falk trug, von Trung Sam am Flügel begleitet, in bewegender Weise Lieder von Beethoven und Schubert aus den Zyklen „An die ferne Geliebte“ bzw. „Schwanengesang“ vor.

Wolfgang Werner


Mittwoch, 24. September 2008, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek
Prof. Dr. Gert Sautermeister, Bremen
Bertolt Brechts „Galilei“
Zur Verantwortung des modernen Wissenschaftlers


Mittwoch, 08. Oktober 2008, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek
Dr. Ulrich Stoll, Kassel
„Michelangelos Farben leuchten“
Die Decke der Sixtinischen Kapelle
Vortrag mit Lichtbildern


Mittwoch, 22. Oktober 2008, 17.00 Uhr, Restaurant „Rhodos“
Lesung mit Elisabeth Schrodetzki:
Johann Gottfried Seume, „Spaziergang nach Syrakus“
Mittwochslesung der Goethe-Gesellschaft

Sizilien aus der Sicht eines Zeitgenossen Goethes

Wer reist nicht gern nach Italien – angezogen von der reizvollen Landschaft, den reichen Kulturschätzen und dem Lebensstil seiner Bewohner? ... Bereits für Goethe wurde dieses wohl beliebteste Urlaubsland der Deutschen zum Schlüsselerlebnis. Auch seinen Zeitgenossen Johann Gottfried Seume (1763 – 1810) zog die Heimat der antiken Schriftsteller an. Dieser hatte mit dem Studium der Theologie begonnen, 1781 fiel er Werbern des Landgrafen von Hessen-Kassel in die Hände und wurde über den Atlantik verschleppt. Später war er nach dem Studium der Philosophie, Altphilologie und Geschichte Hofmeister eines livländischen Grafen, kam nach Russland und Polen und lebte, wieder in Deutschland, als Hauslehrer. 1801 brach er zu einer Fußwanderung nach Italien auf, die ihn in 250 Tagen bis nach Syrakus auf Sizilien führte. Auf Drängen seiner Freunde stellte er nach seiner Rückkehr aus Briefen und Tagebüchern unter dem Titel „Spaziergang nach Syrakus“ einen Bericht zusammen, dessen Veröffentlichung eine große Resonanz fand. Im Unterschied zu anderen Autoren schwärmte er nicht von Kunst und Landschaft, sondern berichtete lebendig und temperamentvoll, oft spöttisch über seine Eindrücke, etwa über die chaotischen Verhältnisse in Italien und die elende Lage der Bevölkerung auf Sizilien. Seine Sprache war zupackend und deftig, was nicht von allen Zeitgenossen geschätzt wurde.

Im Rahmen der Mittwochsvorlesungen der Goethe-Gesellschaft am 22.10.2008, 17.00 Uhr, im Restaurant „Rhodos“ stellt Elisabeth Schrodetzki, Rudolstadt, dieses heute noch lesenswerte Buch vor. Interessierte sind herzlich eingeladen.



Mittwoch, 05. November 2008, 17.00 Uhr, Restaurant „Rhodos“
Lesung mit Gabriele Pfeifer:
Dagmar v. Gersdorff, „Die Erde ist mir Heimat nicht geworden“
Das Leben der Karoline von Günderrode

Mittwoch, 19. November 2008, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek
Dr. Lutz Unbehaun, Rudolstadt
Im Vorfeld der Museumseröffnung:
„Ein wertes Band der Freundschaft“
Schillers Rudolstädter „Familie“

Freitag, 12. Dezember 2008 , 19.00 Uhr , Altes Rathaus
Ein vorweihnachtlicher Abend
gestaltet von Mitgliedern der Goethe-Gesellschaft