Auf Goethes Spuren in Pößneck

Pößneck – eine Erinnerungsort an Goethe, vergleichbar mit anderen renommierten Erinnerungsstätten? - so fragten sich die Rudolstädter Goethefreunde, als sie einer Einladung der Partnergesellschaft in Pößneck folgten.

Dort herzlich vom Vorsitzenden der Ortsvereinigung, Herrn Karl-Hermann Röser, begrüßt, erfuhren die Rudolstädter bei ihrem Rundgang durch die Innenstadt Erstaunliches: Goethe hat auf seinen Reisen in die böhmischen Bäder Karlsbad und Marienbad zwischen 1795 und 1823 18 mal in Pößneck Station gemacht. In seinen Tagebuchaufzeichnungen vom 2. Juli 1795 vermerkt er:

„... Das Städtchen scheint einen guten Stadtrat zu haben, es ist eine Chaussee angelegt, wovon der Stadtrat auch das Chausseegeld einnimmt, sie denken auch das offene Wasser in der Stadt zu überwölben; überhaupt ist es ein nahrhaft Städtchen...“ Goethe kehrte wiederholt im ersten Haus am Platze, dem Hotel „Zum goldenen Löwen“, ein. Dort genoss er nicht nur Speis' und Trank, sondern fand sogar nachweislich Zeit für seine dichterische Arbeit, so an seinem Festspiel „Pandora“, dem „West-östlichen Divan“ und den „Xenien“.

 

 

 

Zum Höhepunkt der sachkundigen wie lebendigen Führung durch Herrn Röser wurde jedoch der Versuch, Pößneck als den Schauplatz von Goethes populärem Versepos „Hermann und Dorothea“ nachzuweisen. Diese Auffassung hatten bereits zu Anfang des vorigen Jahrhunderts zwei ausländische Wissenschaftler, der Deutsch-Russe Prof. Friedrich Sintenis und Prof. Charles Julius Kullmer aus New York vertreten. Nach umfangreichen Studien gelangten sie zu der Überzeugung, zahlreiche Übereinstimmungen zwischen der Dichtung und den Gegebenheiten in Pößneck führten zwingend zu dem Schluss, dass nur Pößneck als Handlungsort von Goethes Dichtung in Frage käme. Und tatsächlich: Was Herr Röser - den beiden Wissenschaftlern folgend - an Indizien für die Richtigkeit dieser Auffassung anführte, war so verblüffend - auch wenn zuweilen mangels erhaltener historischer Zeugnisse die Vorstellungskraft gefordert war – dass diese Argumentation schlüssig erschien. Wäre da nur nicht die Weigerung Goethes, den Schauplatz des Werkes auf einen bestimmten Ort festlegen zu wollen. Doch der Aufenthalt in Pößneck bot noch einen weiteren Höhepunkt: Unter dem Motto „Speisen wie bei Goethe“ genossen die Teilnehmer im stimmungsvollen Ambiente der „Villa Altenburg“ - einst Sitz der Pößnecker Unternehmerfamilie Vogel – ein vorzügliches Menü nach Originalrezepten der Goethe-Zeit, das von der Küche des Hauses liebevoll vorbereitet war. Herr Röser „würzte“ die einzelnen Gänge noch mit Anekdotischem über Ess- und Trinkgewohnheiten des Geheimrats.

So blieb am Ende dem Vorsitzenden der Goethe-Gesellschaft Rudolstadt, Herrn Hans-Günther Otto, nur die Aufgabe, den Gastgebern herzlich zu danken, und allen Anwesenden die Erkenntnis: „Warum denn in die Ferne schweifen, liegt doch das Gute oft so nah“.

Wolfgang Werner