Programm 2006

Mittwoch, 11. Januar 2006, 19.00 Uhr, Stadtbibliothek
Jahresversammlung
der Goethe-Gesellschaft Rudolstadt
mit einem Jahresrückblick, dem Veranstaltungsplan 2006, ausführlicher Diskussion und einem geselligen Programm


Mittwoch, 15. Februar 2006, 19.30 Uhr, Historische Bibliothek (Altes Rathaus)
Michael Schütterle, Rudolstadt

„Das Römische Carneval" von Johann Wolfgang Goethe

Zur Editionsgeschichte einer bibliophilen Kostbarkeit

Die 1789 erschienene Schrift „Das Römische Carneval“ gilt als die wohl prachtvollste Erstveröffentlichung eines Werkes von Johann Wolfgang von Goethe. Zu verdanken ist sie dem Weimarer Verleger und Herausgeber Friedrich Justin Bertuch (1747-1822), der Ende 1787 seinen in Italien weilenden Freund Goethe zu einer Beschreibung und zur Anfertigung von Abbildungen dieses Volksfestes anregte, das “…nirgends in der Welt so mannichfaltig, raffinirt, sonderbar und amüsant für den beobachtenden Zuschauer ist, als in Rom“ (Bertuch).
Bertuch zählte zu jenen Verlegern der Goethezeit, die den Emanzipationsbestrebungen des Bürgertums und der damit verbundenen Entfaltung einer bürgerlichen deutschen Nationalliteratur durch eine neue Buchkultur zu entsprechen suchten. Darunter verstand er eine repräsentative Übereinstimmung von Inhalt und Form literarischer Werke.

 

 

Deshalb war es kein Zufall, dass Bertuch „Das Römische Carneval“ mit „möglichster Typographischer Schönheit“ liefern wollte.Wie aus dieser Absicht eines der schönsten deutschsprachigen Bücher der Goethezeit wurde, stand im Mittelpunkt des Vortrages von Michael Schütterle. In Vitrinen waren die zwei Exemplare des DRC aus der Historischen Bibliothek der Stadt Rudolstadt, die unmittelbar nach ihrem Erscheinen 1789 von Fürst Ludwig Günther von Schwarzburg-Rudolstadt und von Carl Gerd von Ketelhodt erworben worden waren, in Augenschein zu nehmen. Für die Anwesenden gab es natürlich "nur" die Faksilile-Ausgabe des Hain-Verlages. Im Anschluss an den Vortrag, bei dem auch die Illustrationen zu sehen waren, wurden die Goethefreunde in zwei Gruppen durch das Archiv sowie die Historische Bibliothek geführt. 2. Bild

 

 


Mittwoch, 22. Februar 2006, 17.00 Uhr, Restaurant Rhodos, Puschkinstraße 7
Wolfgang Werner, Rudolstadt
"Goethes Schuld an der Hinrichtung von Johanna Höhn?" - Aufsätze von R. Scholz und R. J. Baerlocher
Lesung


Mittwoch, 15. März 2006, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek

Dr. Hubert Amft, Weimar

„Mein Verhältnis zu Ihnen macht mich glücklich und stolz..."

Frederic Jacob Soret: Freund Goethes und Erzieher des Erbprinzen

"Mein Verhältnis zu Ihnen macht mich glücklich und stolz ...“ schreibt Frederic Jacob Soret in einem Brief an Goethe.
Der aus einer Genfer Hugenottenfamilie stammende Soret (1795 – 1865) wurde 1822 von der Großfürstin und Weimarer Erbprinzessin Maria Pawlowna als Erzieher ihres Sohnes Carl Alexander nach Weimar berufen. Als geistreich-witziger und klug-nüchterner Gesellschafter war er in den geistig interessierten Kreisen der Residenzstadt ein gern gesehener Gast. Seit seinem ersten Besuch bei Goethe am 21. 9. 1822 gehörte er bald zum engeren Kreis der Hausfreunde und wurde zu einem geschätzten Gesprächspartner in Fragen der Mineralogie, Kristallographie, Optik und Kunst.
Mittwoch, 29. März 2006, 17.00 Uhr, Restaurant Rhodos, Puschkinstraße 7
Klaus Steinhaußen, Rudolstadt
"Kleine Verse? Nebensächlichkeiten? Zahme Xenien und Gedichte von Goethe
Lesung
10. - 13. April 2006
Exkursion ins Rheinland
Auf den Spuren Goethes und Heines in Düsseldorf und im Rheingau

Das Heine-Jahr bot der Goethe-Gesellschaft wilkommenen Anlass zu einer Exkursion an die Geburtsstätte des Dichters, Düsseldorf, und - den Spuren Goethes folgend - nach Oestrich-Winkel im Rheingau.
In einer auf zwei Häuser verteilten Schau liefert das Heine-Institut eine Sicht auf den Dichter des "Buches der Lieder" und von "Deutschland. Ein Wintermärchen", die das Bild einer widerspruchsvollen, in sich gespaltenen Persönlichkeit vermittelt: des Romantikers Heine, der den gefühlvollen Ton vieler Gedichte ironisch bricht, des Lyrikers und des Sozialkritikers, der Schwert und Flamme im Freiheitskriege sein will und "Zuckererbsen für jedermann" fordert. Ein Abbild dieser Zerrissenheit ist nach Auskunft von Dr. Singh vom Heine-Institut das nach jahrzehntelangem Kampf um die Aufstellung eines Heine-Denkmals in der Geburtsstadt des Dichters entstandene und von vielen Düsseldorfern abgelehnte Monument.
In der Beziehung Goethes zu Düsseldorf nimmt das Jahr 1792 einen besonderen Platz ein. An der Seite des Herzogs Carl August hatte Goethe den Sieg der Revolutionstruppen in der als "Kanonade von Valmy" bekannten Schlacht und den chaotischen Rückzug der deutschen Truppen erlebt. Das Haus des Schriftstellers und Philosophen Friedrich Heinrich Jacobi in Pempelfort - heute ein Stadtteil von Düsseldorf - bot ihm und anderen Flüchtlingen Zuflucht, die über die wachsende Anziehungskraft der Forderung nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit verwirrt waren und nach einer neuen Orientierung suchten.
Für den Goethefreund bietet die Hauptstadt des bevölkerungsreichsten Bundeslandes mit dem Goethe-Museum eine Schatzkammer ersten Ranges. Die aus der Stiftung von Anton und Katharina Kippenberg hervorgegangene Sammlung enthält ausschließlich Originaldokumente zur Biografie Goethes und zur Kulturgeschichte jener Zeit. Der Leiter des Instituts, Prof. Dr. Dr. hc Volkmar Hansen, ließ es sich nicht nehmen, die Mitglieder der Rudolstädter Reisegruppe durch die beeindruckende, biografisch angeordnete Ausstellung zu führen. In fesselndem Vortrag warf er Schlaglichter auf zahlreiche Zusammenhänge zwischen dem Leben des Dichters und der kulturellen Entwicklung Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts. Buchstäblich im Vorübergehen vermittelte er Erkenntnisse etwa über die Bedeutung von Goethes Farbenlehre aus der Sicht der Naturwissenschaft in Vergangenheit und Gegenwart.

Die nordrhein-westfälische Metropole zählt zu den Städten mit der höchsten Lebensqualität Deutschlands. Sie ist nicht nur wirtschaftliches Zentrum, sondern mit Recht stolz auf ihr kulturelles Angebot, von dem zahlreiche Theater, Museen und Galerien zeugen. Die Rudolstädter waren zu einem Ereignis eingeladen, das in seiner Bedeutung weit über Düsseldorf hinausreicht: der Eröffnung der Ausstellung "ZERO - Internationale Künstler-Avantgarde der 50er/ 60er Jahre" im Beisein zahlreicher Künstler (u. a. Heinz Mack, Otto Piene, Günther Uecker), die seinerzeit angetreten waren, um mit den überkommenen Kunstformen zu brechen und mit neuen Mitteln, die der modernen und komplexen Wirklichkeit gerecht wurden, eine neue Lebensnähe zu erreichen. Als Gestaltungsmittel verwendeten sie nicht mehr ausschließlich Farbe, sondern Feuer, Wasser, Licht und Rauch sowie technische Werkstoffe. Die gezeigten Installationen, zum Beispiel Nagelobjekte und Lichtreliefs oder Spiegelräume aus Japan, waren durchaus von ästhetischem Reiz, warfen aber bei einigen Besuchern auch die Frage auf, wie weit man den Kunstbegriff fassen kann.

Auch am Rhein - wenn auch in einiger Entfernung zu Düsseldorf - lag das zweite Etappenziel der Reise, das Winzerdorf Oestrich-Winkel, unweit von Bingen. Während seiner Kuren 1814 und 1815 in Wiesbaden war Goethe der Einladung der Familie Brentano dorthin gefolgt. Er genoss die herzliche Gastfreundschaft der Brentanos und den Umgang mit anderen interessanten Gästen, erfreute sich an der herrlichen Landschaft und sprach reichlich dem vortrefflichen Wein zu, der heute als Goethe-Wein angeboten wird. Seine Eindrücke verarbeitete er literarisch im "Schenkenbuch" des "West-östlichen Divans", jener großen Altersdichtung, in der die orientalische Welt des Hafis mit dem Erleben Goethes verbunden ist. Große Bedeutung für das Zustandekommen dieser Dichtung hatte die innige Beziehung zu Marianne von Willemer.
Über manch andere Erlebnisse auf dieser Reise wäre zu berichten, etwa den Besuch der Schlösser Arolsen und Benrath, die Fahrt nach Kaiserswerth am Rhein oder die Weinprobe bei einem jungen, engagierten Winzer.
Hier konnten jedoch nur die Höhepunkte einer Exkursion dargestellt werden, die - wie viele zuvor - ihren Teilnehmern, auch den Goethefreunden aus Pößneck, Freude und Gewinn brachte. (www.goethegesellschaft-rudolstadt.de)

Wolfgang Werner
Mittwoch, 26. April 2006, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek
Dr. Bernd Legier, Chemnitz
„Das Thema der Kunst ist, dass die Welt aus den Fugen ist."
Bertolt Brechts produktive Auseinan
dersetzung mit Shakespeare

Das Thema der Kunst ist, dass die Welt aus den Fugen ist." - unter diesem provokanten Zitat stand ein Vortrag über "Bertolt Brechts produktive Auseinandersetzung mit Shakespeare". Der Referent, Dr. Bernd Legler (Chemnitz), Jahrgang 1939, blickt auf eine langjährige Tätigkeit als Hochschullehrer, daneben als Übersetzer und Dolmetscher für Englisch zurück. Dies verbindet ihn auch auf besondere Weise mit dem Gegenstand des Vortrags, Brecht wurde Mitte des vorigen Jahrhunderts als zweitgrößter Dramatiker nach Shakespeare angesehen. Sie gleichen sich tatsächlich in Umfang und Zeitlosigkeit ihres Werkes. Während seines gesamten Schaffens bediente sich Brecht freizügig bei Shakespeare bis hin zum Plagiat. Er nahm dessen Dramen als Vorlagen, z.B. "Maß für Maß" und "Coriolan", kritisierte und aktualisierte "Macbeth". Seinen Arturo Ui, eine Persiflage auf Hitler, ließ er seine Rhetorik an der Grabrede des Antonius für Cäsar üben. Shakespeares elisabethanisches Volkstheater bot auch Anregungen für Brechts Theaterkunst.
Shakespeare war zeitlebens der Lieblingsautor Brechts, vom Realgymnasium in Augsburg bis ins Berliner Ensemble. Dieser las den Engländer im Original, sogar in der Emigration "nachts eine halbe Seite Shakespeare". In der Begeisterung für Shakespeare, die englische Literatur insgesamt und das Englische ist Brecht Goethe mindestens ebenbürtig.
B.L./W.W.